Nostalgia

Nostalgia.

Wir denken weniger an den Asteroiden des Hauptgürtels im Sonnensystem oder den Tarkowski-Film, wir widmen uns dem Gefühl der sehnsuchtsvollen Hinwendung zu vergangenen Gegenständen oder Praktiken … „Nostalgia.“ – die neue Ausstellung der GOLDWERK GALERIE (16.03. bis 11.05.2024) wendet sich sehnsuchtsvoll baltischer und osteuropäischer Malerei aus Vilnius und Wrocław zu. Gezeigt werden Arbeiten von Rūta Eidukaitytė, Arvydas Kašauskas, Aleksandras Vozbinas und Alex Urban.

Was sind verbindende Elemente dieser vier Künstler:innen?

Die Kunstgattung – Malerei. Der Kulturraum – Osteuropa. Das Meer des Friedens – die Ostsee. Drei von ihnen, die Litauer:innen Eidukaitytė, Kašauskas und Vozbinas, pflegen den Plein-Air-Gedanken, nehmen bzw. nahmen regelmäßig an ihnen teil. Bei der Freilichtmalerei – der Malerei unter freiem Himmel bei natürlichen Licht- und Schattenverhältnissen entstehen Landschaften, die sich durchaus nicht nur auf Naturmotive beziehen, sondern auch auf urbane Landschaften sowie Ansichten auf das Innen- und Beziehungsleben. Letztere Perspektive lässt sich bei der polnischen Künstlerin Alex Urban beobachten.

Meer des Friedens: Ostseeanrainer

Die Künstler:innen stammen wie wir aus Ostseeanrainerstaaten – die Ostsee, die ein Meer des Friedens sein sollte, verbindet friedlich miteinander. Kunst verbindet friedlich miteinander. Die Notwendigkeit und Aktualität stehen uns vor Augen und betreffen uns. Eine Ausstellung kann Möglichkeiten schaffen, einander zu begegnen, zu verstehen und die Kunst zu erleben als eine verbindende Brücke zwischen unseren unterschiedlichen Lebenswelten und Perspektiven – in Rostock, in Vilnius, in Wrocław. Und auch zwischen verschiedenen Generationen: Die beiden Künstlerinnen Rūta Eidukaitytė und Alex Urban sind Ende der 70er Jahre geboren, die beiden Künstler Arvydas Kašauskas und Aleksandras Vozbinas (
2021) Ende der 50er.

„In meinen Malzyklen erzähle ich verschiedene Geschichten. Mein Kopf ist voller Gedanken, ich bin unruhig, ich möchte meine Eindrücke und angesammelten Gefühle schnell auf die Leinwand bringen, die Farbe fließt sehr energisch.“
Rūta Eidukaitytė

Rūta Eidukaitytė ist eine der jungen Künstlerinnen ihres Landes, die die litauische Tradition der koloristischen Malerei fortsetzt. Ihre Beobachtungen – Begegnungen im Alltag und Motive aus der Natur – regen ihre lebendige Fantasiewelt an und führen zu einfallsreichen Inszenierungen in ausdrucksstarken Kompositionen. Eidukaitytės Werk ist ein Akt der Poetisierung des Mythos der Natur. Dies geschieht durch die Malerei, die der Natur Liebe, Schönheit und Moral verleiht und die Grenzen zwischen Realität und Fiktion, zwischen Realität und Mythos verwischt. Mit ihrem Blick und ineinander verschlungenen Pinselstrichen erkundet sie Landschaften als Umgebungen, in denen episodisch die menschliche Figur auftaucht.

„Wenn ein Künstler in und aus der Natur arbeitet, entstehen auf seiner Palette überraschende Beziehungen der Farben – sie erweitert sich. In der Natur interessiert mich am meisten, wie sich mein gewähltes Motiv im Laufe des Tages wandelt, wenn sich die Lichtverhältnisse ändern. Ich interpretiere die Landschaft frei, weil ich denke, dass sie eine Improvisation ist, und manchmal wird sie zu einer Abstraktion, in der die Konturen der Realität verschwinden.“
Arvydas Kašauskas

Der Monumental-Maler Arvydas Kašauskas ist ein Meister des Zusammenspiels von Licht und Schatten. „Die Gemälde von Kašauskas sind ein Bericht über Litauen, der aus vielen Serien und Einzelaufnahmen zusammengesetzt ist, eine Dokumentation und sogar Untersuchung der litauischen Landschaft.“ (Vidas Poškus) In ihren Fragmenten und Panoramen wird sie fixiert und verewigt – vom Sonnenlicht beschienen und vom Blick des Malers gewürdigt.

„Die Zerbrechlichkeit eines Menschen angesichts des Schicksals lässt sich mit Ironie und grotesken Details leicht versüßen.“
Aleksandras Vozbinas

Zu Beginn seines Schaffensweges konnte man die Werke des Künstlers Aleksandras Vozbinas als eine Art nonkonformistische Malerei bewerten, inspiriert von den Paradoxien der Sowjetzeit. Er wurde stark von der expressionistischen Malerei beeinflusst. Später wurden Elemente der Abstraktion und des poetischen Surrealismus wichtiger. Seine Leinwände sind voller frischer Energie, die auf der Spannung kämpfender Farben basieren – ironische Gemälde entstehen, die eine andere, meditative und oft groteske Beziehung zur Welt ausleben. Sie zeigen die spielerische Natur des Künstlers mit ihrer suggestiven Magie aus Farben und Linien. Dem Maler sind nicht nur die Kraft des Strichs, die Emotionalität der Farbe, das spontane Spiel energischer Linien und unerwartete Farbverschüttungen wichtig, sondern auch die Strukturprinzipien der Malerei – die Komposition, harmonische oder widersprüchliche Beziehungen zwischen Räumen, Linien und Farbflecken.

„Alex Urban greift in ihrem Werk in die Sphäre ernsthafter Gesellschaftskritik ein, bleibt aber dennoch in der Ästhetik des Surrealismus, des Horrors und des fantastischen Kitschs.“
Łukasz Kropiowski über Alex Urban

Alex Urban arbeitet hauptsächlich in den Bereichen Malerei, Skulptur und Fotografie. Ihre Leichtigkeit, Themen wie Körperlichkeit, Sexualität und Religion anzusprechen, zeigt sich in ihrem Hang zu derben Assoziationen. Ihre Werke sind voller eigenartiger Charaktere und Phantome, die auf ewig mehrdeutig bleiben. Urban bedient sich oft der Konvention des Kitschs und bezieht sich auf den Bereich des Heiligen, um ihre charakteristische Bildsprache zu erschaffen. Die breite Palette der Szenerien, die sich auf ihren Leinwänden abspielen, bricht die Realität dessen auf, was sonst als banal angesehen werden könnte. Diese lebendigen Farben, die aus den phantasmagorischen Bildern der Popkultur stammen, nehmen in den Bildern durchaus eine gewisse Giftigkeit an.